„Doctor Sleep“ ist die Hörbuchadaption von Random House Audio des gleichnamigen Romans von Stephen King. Roman und Hörbuch erschienen im September 2013, gerade rechtzeitig für den Deutschlandbesuch des Autors.
Das Werk erzählt die Geschichte eines der bekanntesten Charakteren von Stephen King weiter. Danny Torrance, der Junge aus „Shining“ ist erwachsen geworden. Der Junge, der sich gegen seinen Vater und die Geister des Overlook Hotels zur Wehr setzen musste, kämpft nun gegen seine ganz eigenen Dämonen und Vampirartige auf der Jagd nach einem jungen Mädchen mit dem Shining.
Die Idee und das Konzept des Nachfolgers von „Shining“ mag simpel, fast schon zu simpel, erscheinen. Dennoch ist es als Kingfan mehr als interessant, erneut von Danny Torrance zu hören. Ihm gilt der erste große Teil des Romans. King beschreibt schonungslos, wie der einst so symphatische Junge immer stärker dem Abgrund entgegenrauscht. So gut wie nichts ist mehr geblieben von der Unschuld, dem Mut und der Verletzlichkeit. Im Gegenteil. Der Mann, den wir jetzt erneut kennenlernen ist ein Schatten seiner selbst bis er nach Frazier in New Hampshire kommt. Erst dort, bei seiner letzten Chance, nutzt er auch diese. Es ist in meinen Augen bezeichnend, dass er zur Normalität findet, indem er in einem Sterbehospiz arbeitet. Dort kann er den verbliebenen Rest seiner Fähigkeiten im Guten nutzen. Dort aber lernt er auch Abra Stone kennen, die dringend Hilfe vor einer Sekte scheinbar Unsterblicher benötigt, die Jagd auf besondere Kinder wie sie machen.
Viele Fans von Stephen King wissen, dass ihr Lieblingsautor nicht nur wegen Horror so beliebt ist. Im Gegenteil, seit einigen Jahren geht der Anteil an Blutspritzereien und herauswindenden Gedärmen merklich zurück. Was bleibt ist das unvergleichliche Talent des Autors nachvollziehbare Charaktere zu erschaffen. Das ist in meinen Augen auch die Herausforderung jeder Adaption. Egal, ob für den Bildschirm, oder als reines Hörbuch. Was es braucht ist eine Stimme, die nicht glockenklar dahinfidelt. Eine Stimme, die den Schmerz und das Leid einer Figur herüberbringen kann. Und – heiliger Vater – David Nathan hat genau so eine Stimme parat. Es kommt nicht von ungefähr, dass er während Kings Deutschlandtour den Tiefpunkt von Danny Torrance liest. In meinen Augen ist genau das der Höhepunkt des Romans – auch wenn er ganz zu Beginn erscheint. Der abgewrackte Alkoholiker und Drogenabhängige, der seinen One-Night-Stand am Tag danach vor den Augen ihres Sohnes beklaut wirkt dank seiner Stimme besonders intensiv. Weil es das eigene Kopfkino so wunderbar unterstützt. Auch durch den Roman hinweg wirkt Danny Torrance nochmal deutlich nachvollziehbarer, noch lebendiger durch die Stimme, die er durch den Hörbuchsprecher bekommt.
Doch nicht nur die Hauptfigur lebt durch die Vertonung. Selbst Kinder, wie Abra Stone, erscheinen gewichtiger. Ganz wie ihre Rolle es benötigt, denn das junge Mädchen hat die ehrenvolle Aufgabe sich als Erste einer schier unaufhaltbaren Gruppe entgegenzustellen. Nathan wirkt dabei so, als würde er erlebtes nacherzählen. Er versucht erst gar nicht, die zweifelslos hohe Mädchenstimme zu imitieren, sondern variiert die Tonlage nur so viel um für uns als Hörer herauszufinden, wer dort spricht. In meinen Augen entspricht das auch Kings Vorgehen. Auch bei ihm entsteht das gleiche Gefühl.
Immer wieder werden auch für Kings Geschichten andere Personen zum Einsprechen der Hörbuchadaptionen engagiert. Nicht, dass diese schlecht gewählt sind, aber in meinen Augen kann es für Kings längere Werke keine bessere Stimme geben als David Nathan. Es passt zur Erählweise, die King vorlegt und die selbst nach der Übersetzung durch den deutschen Heyne-Verlag noch immer zu spüren ist. Nathan wirkt ruhig, aber nie langweilig oder monoton. Er wirkt emotional, ohne je hysterisch oder kreischend zu werden. Es wirkt nie, als würde er selbst die Figuren oder die Handlung werten, aber er lässt das für den Leser in meinen Augen zu. Um uns noch tiefer in die Welt von Danny Torrance, Abra Stone und der Sekte des Wahren Knoten abtauchen zu lassen. Ein großes Kompliment dafür!
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